Madrid - Camino de Santiago - Portugal (21.4.-15.5.18)

 

Anders als sonst, hat mich dieses Mal ganz zielgerichtet meine innere Stimme zur Entscheidung gebracht, nicht zu meinen Lieblingskontinent Amerika als Reiseziel anzupeilen, sondern in Europa zu bleiben, um den aktuell richtigen Zeitpunkt zu nutzen um auf dem Jakobsweg zu pilgern. Was bisher in entfernen Reiseideen nur im Hinterkopf gewesen ist, wurde durch meine berufliche Situation, gemixt mit den turbulenten letzten Jahren im privaten, zum perfekten Moment der mentalen Verarbeitung in den Vordergrund gerückt. 

 

Ok, gut. Ab Februar beginnt die Informations- und Vorbereitungsphase.

Irgendwie ein ungewohntes Gefühl. Ist eben alles etwas anderes...doch schon weitgehend neu für mich. Aber es gibt dieses Mal in keiner einzigen Sekunde eine Alternative oder Zweifel am Vorhaben. 

 

YouTube Videos, Reiseberichte, Pilgerseiten...alles durchgestöbert, kaufe ich mir nach und nach diverse Pilgerutensilien. 

Mein Flug nach Madrid ist gebucht. 

Dazu fällt mir ein: ich war noch nie in Madrid - also schiebe ich den Start meines Fussweges nach Santiago de Compostela (den ich ab León laufen werde) 1 Tag nach hinten und werde natürlich eine Sightseeingtour mitnehmen. 

 

Dabei kommt mir eine weitere Kombi in den Sinn: von Santiago de Compostela ist es ja nur noch einen Katzensprung (zumindest für jeden Ami) bis Portugal. 

Lange überlegen brauche ich für diese Idee nicht. Auch eines der weiteren kleinen Reiseziele, die ich auf der „auch irgendwann mal-Liste“ habe. Kurzum ist der Mietwagen reserviert und die grobe Reiseroute bis Lissabon aus der Kiste herausgekramt. Perfekt. Jetzt ist das Reisepaket für den diesjährigen Frühlingsurlaub Save! 

 


Samstag, 21.4.18: Madrid

Um 19.15Uhr startet die Maschine nach Madrid. Seit langer Zeit (ich erinnere mich an einen Abendflug nach Mallorca in 2003) war der Flug unglaublich unruhig. Doch heile gelandet, komme ich in der spanischen Hauptstadt spätabends an und nehme den Airport Express zur City, wo mein reserviertes Bett auf mich wartet. 

Erster Eindruck: europäische Grossstadt. Die Menschen etwas robust. Die Spanier hier kommunizieren lieber in ihrer eigenen Sprache. Nur gut, dass ich schon ein paar Worte verstehen kann!!

Die Stadt by night sieht prächtig aus! Von der Busstation bis zum Hotel sind es einige Gehminuten. Ich laufe durch die lebhaften Gassen der Stadt. Samstag Abend, lauwarmes Wetter, high life auf den Strassen und in den Restaurants. 

Ich esse eine Kleinigkeit und gehe schlafen...!

 


Sonntag, 22.4.18: Madrid-Leon

 

Um 10.30Uhr checke ich aus und laufe in Richtung der Haltestelle, wo die Sightseeingtour beginnt. Doch denkste, der Plan, jetzt mit der Tour beginnen zu können, ist verschoben auf Nachmittag. Der Grund ist der Madrid-Marathon, der heute Vormittag hier stattfindet. Na dann... einen Vorteil hat es schon. Die Verkehresader ist vorübergehend gesperrt und man kann relaxed auf dem Zirkel des Zentrums herumspazieren. 

Ich schaue mir aus direkter Nähe die Läufer an, die mit Applaus von den Zuschauern angefeuert werden, an und warte dann bis 15 Uhr in einem Restaurant auf der Terrasse beim „Puerta de Alcalá“, dem Torbogen-Monument zur Stadt Madrid...

 

Sightseeingtour a la Hop on off Bus.

Ich steige ein, sitze aufs obere Deck und lass es mir beim Sightseeing gut gehen. 

Wir fahren aus dem Zentrum in Richtung Norden. Oben ist ja das Stadion des legendären Vereins Real Madrid. Da steige ich spontan aus und kaufe mir ein Ticket, um mir das Stadion und deren Fussballgeschichte anzuschauen. 

Alter Falter. Das wirkt! Mit guten Ideen sind in den unteren Räumlichkeiten wird eindrucksvoll in Bild und Ton die Story Real Madrid in Szene gesetzt. Danach der Marsch auf die Tribünen und zum Schluss durch die Spielerkabinen auf die VIP Plätze in Leder und runter die (Trainer-)Bank. Das Stadion wirkt insgesamt durch die rundgeschlossenen Wände zur Decke etwas erdrückend. Was das bei vollem Haus bei den Heimspielen (nächstes in 3 Tagen) ganz sicher anders wirkt!! 

 

Alltuviel Zeit bleibt nicht mehr. In 3 Stunden geht mein Zug nach León. Also steige ich wieder in den Bus, um noch ne kleine Strecke mitzufahren, bis ich mich zum Hauptbahnhof bewegen muss. 

 

Der Tag in Madrid geht zu Ende. 

Recht schön, mit tollen Plätzen, weitaus sauber,  und schlussendlich immer noch der Meinung, dass die Menschen etwas robuster sind (gerade die, die in der Öffentlichkeit arbeiten) und dass es wirklich besser ist, etwas spanische Kenntnisse zu haben, begebe ich mich zum HBF. Mit etwas umständlichen und etwas anderen Abläufen, als angekommen, wie z.B. das generelle Warten, bis man hier erst 10-15min vor Abfahrt auf der Tafel Bescheid bekommt, auf welchem Gleis der Zug überhaupt abfährt, sitze ich gleich in den Zug (nachdem noch auf der Wartezone auf dem Gleis die Taschen durch die Kontrolle gescannt durchlaufen müssen). 

 

In León komme ich an und spaziere die 1,3km zu meinem ersten Jakobsweg-Hostel...

Nachtankünfte haben schon was besonderes: von diesem herzig altertümlichen und lebhaften (es ist 23.11Uhr) Städtchen, bin ich schon beim Reinlaufen begeistert. Die Menschen sind als noch auf der Strasse, in den Restaurants und Bars. Dazwischen hört man mal deutsche Stimmen, ansonsten alles spanisch, ganz selten englisch. Gleich wie in Madrid. 

Ich sehe meine erste Jakobsmuschel in den gepflasterten Boden eingraviert! 

Mein Hostel ist im Gegensatz zur Madrid-Absteige, fantastisch. Neu, sehr sauber, fürsorglich eingerichtet, ruhig im Gässchen gelegen, direkt bei der Kathedrale, die auf dem grossen Platz im Scheinwerferlicht prächtig wirkt. 

Natürlich lege ich mein Gepäck ab und laufe nochmals kurz raus auf ein „Absackerle“. So ladde ich den Tag ausklingen.

 

 


Montag, 23.4.18: Leon-San Martin del Camino

Heute gehts los!

Bei Tageslicht kann sich das Örtchen genauso schön sehen lassen. 

Doch die Uhren ticken hier echt 1-2 Stunden später... es geht lange, bis was los ist in den Gassen - und das kommt wohl davon, dass gestern (Sonntag) am Abend noch um 23Uhr Jung und Alt unterwegs waren.

 

Auschecken, Kaffee trinken und bei der Kathedrale meinen ersten Stempel im Pilgerpass drücken lassen. 

 

Tatsächlich. Man kann die Schilder, Markierungen und gelben Pfeile auf allen möglichen Böden, Wänden, Mauern nicht übersehen. Alle 100m wird auf der Strecke etwas davon als Wegweiser zu sehen sein. 

 

Mein Start ist um 10 nach 10! Es liegen - laut meinem Etappenplan - 26km vor mir (was ich erst am Ende des Tages bemerke). Denn was ich völlig vergessen habe: mein Alternativplan, der zum Eingewöhnen bei der 1.Etappe mit nur 19,8km geschrieben steht, geht an mir vorbei. So konzentriere ich mich unbemerkt auf das weiter entfernte Tagesziel SAN MARTIN DEL CAMINO. 

 

Herrliches Wetter! 

Aus León raus, zeigen die Wegweiser gut markiert den Weg von Ort zu Ort.

 

Den ersten Kilometer laufe ich für meine an Ostern verstorbene 101jährige Oma! 

 

Die Sonne ist schon gut dabei, Farbe auf die Haut zu brennen. Die herrliche Lüftchen, das die ganze Zeit ins Gesicht bläst, lässt den Sonnenschutz vergessen.

 

Ich laufe. In gutem Marsch. Ich nehme meine Stöcke und merke, wie gut diese sind, um ohne Anstrengung vorwärts zu kommen. 

 

Ich befinde mich in zivilisierter Region. Der Weg geht meist entlang der Schnellstrasse. Nur wenig abseits.

Dadurch wirkt die ganze Sache recht modernen (entgegen der altertümlichen Vorstellung des Pilgerns).

 

Alleine bin ich nicht, denn immer wieder sehe ich andere Pilger um mich herum. Einige schneller, manche langsamer, alleine oder in kleinen Gruppen. Ab und zu auch Radfahrer. Man grüsst sich mit einem „Buen Camino“. Manch Einheimische freuen sich und grüssen ebenso am Vorbeilaufen, und die Brummis auf der Strasse hupen dezent fix und winken einem zu. 

 

Nach knapp 3 Stunden ein 5min. Break. Trinken, Müsli-Riegel und weiter gehts. 

 

Nach weiteren 90min brauch ich ne längere Pause. Die Schuhe muss ich wechseln... meine begehrten Reeboks Bitteschön. Diese alten, eigentlich guten Wanderschuhe sind nix. 

Ich schaue ins Google Maps und merke, dass ich erst die Hälfte, 11km, hinter mir habe. Ok, dann aber los. 

 

Ne halbe Stunde später gehts dann weiter. 

Ne weitere Pause 1 Std. später. Ich bin ich n brauche Wasser. 

Ich schaue nach vorne. Schnurstracks geht es schonungslos weiter. 

Noch 6km entlang der Schnellstrasse. Das wäre der Punkt gewesen, zu checken, dass ich eigentlich schon am Tagesziel gewesen bin. Aber nein, ich merke es nicht und laufe - bzw. spaziere ich nur noch - k.o. von „Villadangos del Paramo“ in der warmen Spätnachmittagssonne weiter nach „San Martin del Camino“. 

 

Um 17.45Uhr komme ich an und kehre direkt an der ersten Anlaufstelle in die Unterkunft ein. Gute Entscheidung. Hier sind schon Pilger aus Canada, Mexiko, Deutschland, Dänemark und Italien und ich bin - wie alle anderen auch - automatisch involviert. 

Ein Abendessen gibts in der sympathischen auch. Die Betreiber sind unglaublich nett und somit endet der Tag mit gemütlichem Zusammensitzen, einer unglaublich aufgetauchten Blase am Fußballen (und ich schwörte, dass mir das nicht passieren wird! Bescheuerte Salomon Wanderschuhe!) haha! 

Zudem hab ich ganz schön Farbe angenommen. 

Gute Nacht!


Dienstag, 24.4.18: San Martin del Camino - Santibanez de Valdeiglesias

 

Das Blasenpflaster zeigt Wirkung. 

Kaffee, Kornflakes und dann rein in die Schuhe.

Als eine der letzten, die auscheckt, ziehe ich um 8.40Uhr los. 

Eigentlich habe ich ja einen 6km-Vorsprung. Wenn man bedenkt, dass Leute wie ich mit kurzen Beinen, mehr Schritte brauchen und langsamer vorwärts kommen, bin ich grad schon froh, schon ein Stückchen weiter zu sein. 

 

Der Rucksack sitzt heute wieder sehr gut! Nix drückt. Ich wandere zum nächsten Ort, dem 8km entfernten „Hospital de Orbigo“, das ich nach gut 90min erreiche. 

Ein nettes, ruhiges Dörfchen. Über die schöne mittelalterliche Brücke überquere ich den „Rio Obrigo“.

 

Auf dem Weg kommt mir wieder der Gedanke, weshalb man das Ganze hier eigentlich macht...doch das verwerfe ich im gleichen Moment wieder, denn ich weiss es ja, weshalb ich hier bin. Was mich währenddessen eher fraglich stimmt, ist, womit und wann den Pilgern die sogenannte Erleuchtung kommt (ich bedenke dabei, dass dieser Weg ja schon vor 500km angefangen hat)! 

Wer weiss, vielleicht kommt mir das noch in den nächsten Tagen irgendwie in den Sinn. Schliesslich habe ich die Strapazen über die Pyrenäen und abgelegenen Holper-Wege ausgelassen und bin gerade neben der Schnellstrasse (nur) auf dem letzten Drittel des Weges unterwegs.

 

Pause!

Ich brauche einen weiteren Kaffee. 

Gleich noch ein Sandwich zur Stärkung. 

Und weiter im Schritt. Nur ist dieser Schritt mit bisschen „autsch“ verbunden. Jetzt merke ich die anderen Stellen meiner Füße, die gestern bei den „super“ Wanderschuhen auch schon dezent gedrückt hatten. Au backe, das kann ja noch heiter werden heute! Wie eine alte Frau tapse ich aus der Cafeteria auf den Camino zurück. Am Ende des Ortes zeigt der Wegweiser auf einen Feldweg. Jetzt kommen wir der Vorstellung eines eigentlichen Pilgerweges etwas näher!  Sehr schön. „Villares Órbigo“ ist nur 2,5km entfernt. Ich latsche durch den Ort und merke jedoch, dass sich meine Füsse wohl noch nicht ganz erholen möchten. Eine Wasserstelle - perfekt. Hier setze ich mich hin und lasse eiskaltes Wasser über die Füsse plätschern. 

Leicht erholt geht es weiter in die Pampa, die eigentlich nur aus Acker und rotbraunem Feldweg besteht, aber durch den grünen Kontrast des Grases, recht nett und abwechslungsreich.

In „Santibáñez“ habe ich 12km hinter mir. Doch Fussnerven an Grosshirn: heute werden wir nicht alt!!!

Es geht ein grosses Stück bergaufwärts. Ich werde immer langsamer! Wieder auf gerader Strecke nach einer leichten Kurve, steht da da mitten im Nichts sowas wie ein Marktstand. Ich laufe hin und der Typ erzählt mir, dass hier Selbstbedienung ist. Äh, what?! Obst, Gebäck, Brot, Marmelade, Wasser, Säfte...einfach alles da. Ich nehme mir paar Gläser Saft, einige Kekse und eine Mandarine. Nebenan werfe ich paar Euro in das Kässchen, bedanke mich und dampfe wieder ab. 

Ich möchte liebend gerne„Astorga“ als 2. Etappenziel erreichen...doch dieser Plan wird nicht in Erfüllung gehen. Das kommt davon, wenn man eben Tags zuvor übertreibt! Hierzu denke ich mir, ob ich gestern wohl an meine Grenzen gestossen bin...oder vielleicht schon drüber hinaus? Oder fehlt da doch noch einiges - quasi bis man umkippt? Wie dem auch sei: schlussendlich kann’s ja nicht sein, dass man sich Hals über Kopf Schmerzen zufügt und damit hunderte von Kilometern durchhalten muss. Das ist sicher nicht Sinn der Sache. Also bleibe ich vernünftig und behutsam mit meiner Gesundheit (zwinker!) und tapse wie auf Eiern den Rest des Feldweges bis „San Justo de la Vega“, das schlappe 3km vor dem gewünschten Etappenziel liegt. Ankunft 16.50Uhr.

Wie es aussieht, werde ich wohl die nächste Etappe in 2 Tagen aufteilen (müssen). Im Ganzen waren es heute 19km. 

 



Mittwoch, 25.4.18: Santibanez de Valdeiglesias - El Ganso

 

Etwas frisch war es in der Nacht, aber gut ausgeschlafen beginne ich den Tag. Beim Aufstehen fühlen sich die Füsse erholt an, aber seltsamerweise meldet sich meine Wadenregion von deren jeweiligen Aussenseite, als würden sie mir sagen: wir sind übrigens auch etwas beansprucht! ;-))

Das wird sich wohl nach dem Warmlaufen nachher sicher wieder regulieren. Also starte ich meinen heutigen Tag ab einer wiederum relativ späten Zeit von 10Uhr, nachdem ich meine - über Nacht getrocknete - Wäsche von der Leine genommen habe. 

Erstes Ziel: das 3km entfernte „Astorga“.

Ich laufe durch das Städtchen und gelange in die prächtige Kathedrale, die ich mir auch von innen ansehe. 

Irgendwie habe ich dabei nicht sehr viel Aufenthaltsgeduld, weil ich weiß, dass ich im Rückstand bin. Also ziehe ich wieder weiter. Nächster Ort „Murias de Rechivaldo“, ein herzigiges Mini-Dörfchen, wo ich mir eine Cola Zero gönne. Weitere 4.5km nach „Santa Catalina de Somoza“, ein bisschen (10 Häuser) grösser, ebenso ruhig und gepflegt. Dort benötige ich eine weitere kleine Pause und hole mir ein Eis. Bisher habe ich 11km gemacht. Ich merke, dass ich müde werde. Der 1. Tag bedankt sich vorwurfsvoll und erinnert mich wohl gerne ständig daran..! Menno! Ich stehe auf und weiss, dass ich die letzten Kilometer am heutigen Tag laufen werde. Auch mein Rucksack fühlt sich heute schwerer an, obwohl er schon an Gewicht verloren hat. Nun ja. Zähneknirschend brauche ich schliesslich für diese letzten ca. 3,5km knapp über eine Stunde und checke um 16.40Uhr in einem schönen Mini-Ort mit alten Häuser-Ruinen umgehen, mit Blick direkt auf die Dorfkirche, ein und werde mich den Rest des Tages ausruhen. Statt den mindest vorgenommen 10km (um die Tages-Etappe in 2 Tage aufzuteilen), habe ich nun doch 17km geschafft.

Was ich dabei überlege, ist, dass ich mit diesen winzigen Etappen das Ziel von gesamt 325km, wohl kaum in 2 Wochen erreichen kann. Dazu muss mir noch was einfallen..! 


Donnerstag, 26.4.18: El Ganso - El Acebo de San Miguel

 

Schon wieder gehöre ich zu den letzten Pilgern, die um 8.08Uhr das Haus verlässt und ins 7km entfernte „Rabanal del Camino“ loszieht. Die Füsse sind soweit okay und ich kann mit gutem Tempo über die Nebenstrasse und Waldweg zulaufen. Kurz nach halb 10 komme ich an. Einige Restaurants haben offen...ich nehme ein Frühstück. Gut gestärkt habe ich nun nochmals einen solchen längeren Abschnitt zu laufen, unter anderem auf Steigerung zu 1400m. „El Ganso“, mein Start heute morgen, liegt schon auf knapp 1000m. 

Also los. 

Über Wiesen, Wälder und steilen Steinwegchen, mit schönem Blick auf die hügelige Landschaft und vorneweg die schneebedeckten Bergzipfel, ist das ein nettes Panorama. Nächstes (eigentliches Tages-)Ziel ist das Bergdorf „Foncebadón“.

Es ist erst 12Uhr ich ne habe schon glatte 13km hinter mir gelassen...da geht ja evtl mehr..! Ich laufe zum nächsten Restaurant, um mir etwas zu trinken und treffe die Österreicherin Christa, die in der selben Herberge war letzte Nacht. Nachdem wir beide nicht hier bleiben möchten, laufen wir nach der Pause zusammen weiter. Kleiner Haken: nächste Übernachtungsmöglichkeit erst in 11km nach einer weiteren steinigen Wanderung mit 500m Abstieg! Au weia. Wir riskieren es und laufen erst zum „Cruz de Ferro“, einem kleinen Pflicht-Highlight eines Pilgers. Dort legt man einen mitgebrachten Stein beim Kreuz ab und hat quasi seine Sünden los. Danach geht der Weg steinig weiter, durch ausgetrocknete Bachläufe - und dass Ganze bergab! Das schlaucht. Dazu melden sich unsere jeweiligen Füße fast synchron, dass es sicher nicht die beste Entscheidung ist, ihnen diese Strapazen anzutun. Doch keine Chance für eine Pause. Wir treffen andere Pilger, denen es schier genauso geht. Es ist schlichtweg eine heftige Strecke. Ich denke mir, dass diese nach den Pyrenäen das zweite Übel des Weges ist..! Wir überstehen schlussendlich der mühsame Abschnitt und kommen nach einer gefühlten Ewigkeit und in immer kleiner werdenden Schritten endlich gegen 16.30Uhr in einem wunderschön gelegenen Übernachtungsstätte im Örtchen „El Acebo“ an! Heute wurden es wider erwarten 24km!!


Freitag, 27.4.18: El Acebo de San Miguel - Ponferrada - Villafranca del Bierzo

 

Ich gebe meiner österreichischen Mitpilgerin recht. Ab dem jetzigen Standort nochmals ein weiterer Abstieg von 740 Höhenmeter, bei diesen steil-steinigen Verhältnissen, das kann den eh schon reichlich überlasteten Füßen und Beinen wirklich nicht gut tun. Wenn ich den Etappen-Rückstand und der alsbald aufkommende Wetterumschwung mitbedenke, ist dies tatsächlich die beste Möglichkeit zu diesem Zeitpunkt, Unterstützung anzunehmen. 

 

So gesehen und ohne ein schlechtes Gewissen, mogeln wir heute früh und fahren um 8Uhr, mit Taxi vom Bergdorf „El Acebo“ hinab in die(nur) 15km entfernte Industrie-Stadt „Ponferrada“ und umgehen somit dem Schmerzdrama. Der Fahrer bestätigt uns ungefragt die sehr steile Strecke. Ich bin froh über diese gute Entscheidung. 

Pilger, die wir unterwegs aus dem Auto beobachten können, sehen recht mitgenommen aus.

Wir steigen im Zentrum an der Kathedrale aus und begeben uns direkt ins Café auf einen Kaffee und Croissant. 

Wir sind wohl nicht die einzigen, mit diesem Gedanken...wieder treffen wir auf manch bekannte Köpfe..!

 

Das Wetter ist zwar grossteils sonnig, aber die Temperaturen sind mit 15Grad Höchsttemperatur, gut 10Grad stark zurückgegangen! Der Wind ist unglaublich frisch! Ab morgen soll es auch noch regen und die Temperaturen noch mehr in Keller gehen..! So können wir das noch gute Wetter nutzen, um diese (den Recherchen nach) wunderschöne nächste Etappe -wieder voll in der Zeit und von Beginn an - gehen zu können.

 

9.20Uhr laufen wir los. Unsere Beine sind halbwegs okay - noch! Aus der Stadt raus, gibt es wieder eine herrlich kontrastreiche Landschaft.  Christa hängt schon bisschen nach. Ein Marsch durch die Dörfer „Columbrianos“ und „Fuentes Nuevas“. Es ist schon Mittag und nehmen nach 7km, in „Camporanaya“ einen Snack zu uns. 

Ich stehe auf und merke, dass die Füsse schon wieder anfangen, zu reklamieren. Nur gut, dass wir diesen kleinen, aber schwierigen Teil übersprungen haben.

Weiter geht’s. Ich bin am Zweifeln, ob ich die gesamte Etappe schaffen werde. Nun werde ich langsamer und Christa hat nach der Pause wieder mehr Power...

Wir sind bereits in Galicien und durchqueren fortan eine riesengrosse tolle Weinbau-Region. Die wunderbare Hügellandschaft rundet die über 4000 Hektar grosse Fläche, unterschiedlichster Anbauarten sehenswert ab. Super, dass wir den herrlich sonnigen Tag dazu haben können - morgen würde es schon wieder anders aussehen! 

Wir durchqueren hierbei den herzig netten Ort „Cacabelos“. 

Jetzt habe ich das Gefühl, mein linker Schuh wird kleiner! Dazu merke ich rechts vom äusseren Oberbein ein Ziehen bis ins Hinterteil. Es muss ne Schmerztablette her. Eine halbe Stunde später zeigt sie Wirkung. Allerdings ist mir mein linker Schuh immer noch zu klein! Im nächsten Ort „Pieros“ möchte ich eine Pause einlegen und überlegen, ob ich evtl. besser bleiben werde. Denn bis zum nächsten Ort und Etappenziel „Villafranca del Bierzo“ sind es noch knapp 6km. Denkste! Das 10-Häuser-Kaff hat weder ein Restaurant noch eine Übernachtungsmöglichkeit! Also bleibt mir nix anderes übrig, als im Gänsemarsch durchzuhalten. Christa lasse ich an mir vorbeiziehen. Wunderschöne Landschaft aber ständig wiederkehrende, bescheuerte Schmerzen am Fuss und das Ziehen bei der Hüfte, machen es nicht leicht. Ich betone immer wieder, dass die Entscheidung, heute ab „Ponferrada“ die neue Etappe zu beginnen, ne prima Idee war! 

Endlich um 17.30Uhr laufe ich ins Etappenziel! Hartnäckige 25km sind geschafft! 

Da steht ja schon wieder die Christa! Lustig. Sie war sich bei der Wahl der Herberge nicht sicher, damit verging die Zeit und zum Schluss landeten wir in einer coolen Bleibe im eingerichteten Burg-Stil und dort treffe ich wieder auf die beiden Mexikanerinnen, die ich am ersten Abend des Caminos getroffen habe. Wir checken ein und gehen zu Viert etwas essen. 

Damit geht der heutige Tag Nr. 5 zu Ende.

Das 1.Drittel meines Weges habe ich mit 113 gelaufenen (+15 gefahrenen) Kilometern hinter mir! 

 



Samstag, 28.04.18: Villafranca des Bierzo - Las Herrerias

 

Zuerst ein Gesundheitscheck: Beine gut! Füße auch gut (außer der alten Blase am rechten Fußballen...da war sowas wie ne Doppelblase, die sich schließlich auf der Unterseite leicht entzündet hat. Laufen geht. Also Pflaster drauf, Schuhe anziehen und einen Kaffee. 

Christa läuft schon los, die Mexikanerinnen bleiben beide noch da, die eine immer noch verletzt, die andere über Nacht erkältet. Sie fahren später mit dem Bus. 

Um 9.20Uhr, bei knackigen 10Grad und etwas Sonnenschein, Aufbruch zum 4km entfernten Mini-Nest „Pereje“, und gleich weitere 4km bis „Trabadelo“. 

Frühstück! 

Mehr Wolken kommen, es wird frischer.

Zum nächsten Ort „La Portela de Valcarce“ sind es weitere 4km. 

Schon wieder spüre beim Aufstehen die schmerzenden Altlasten - oh man! Linker Schuh ist eng und die Füsse möchten mir sagen, dass sie Erholung brauchen. Kann ich diese vorübergehend abschrauben? Haha..! 

Zudem meldet sich auch mein linker Oberarm/Schulter zurück, die seit gestern irgendwie wehleidig ist...

 

Insgesamt ist der Camino heute relativ unspektakulär. Zum hügeliger Umgebung, aber meist neben der Schnellstrasse und für etwa 150m quer über eine Autobahnauffahrt (jedoch eine gut übersichtliche Stelle).

Weiter geht’s in kürzeren Distanzen, vorbei durch die Orte „Ambasmestas“, „Vega de Valcarce“, „Ruitelán“... Hier fange ich an zu humpeln. Es fängt an zu tröpfeln. Noch 1km bis „Las Herrerías“. So, bis hierher und keinen Schritt weiter. Finito. Ich habe mich zu schonen. Hier stoppe ich 3 Orte (8km) vor Etappenziel, allerdings geht es bis zum nächsten Dorf schon wieder knapp 300 Höhenmeter hinauf und bis Etappenziel nochmals etwa 350m!

Eingecheckt habe ich in einer tollen Herrberge im canadischen Lodge-Stil. 

Es ist (erst) 14.20Uhr und bin heute 20km gepilgert. Jetzt wird nur noch relaxed ...und passend die Zeit zu haben, unseren SC Freiburg über den Bundesliga-Stream zu verfolgen! :-)

 

Während ich noch so dasitze, winkt mir auf einmal die Christa von der Treppe herunter. Das gibts ja nicht. Welch ein Zufall. Sie ist seit Mittag da - zwangsläufig, weil sie ihren Fuß leicht geknackst hat, und sich kurzum ein Pferd für den morgigen Aufstieg (um die 650 Höhenmeter) bestellt hat. Schon wieder eine brillante Idee, die sich zufällig für sie ergeben hat. 

Ich bräuchte ein Pferd für den weiteren krassen Abstieg, der danach innert 5km (835m!) auf einen zukommt! Laufen kann ich diesen sicherlich leider nicht.

Ich werde sehen...!

Ich beobachte gerade wieder meinen linken Fuß: leicht angeschwollen, aber ohne Schmerz. Dann gibts da noch diesen seltsamen Ausschlag, den ich seit dem 1. Tag schon habe. Was auch immer das sein mag??


Sonntag, 29.04.18: Las Herrerias - Triacastela

 

Viel Überredungskunst braucht es bei meinem Zustand nicht, dass ich mich zum Aufstieg ebenso mit auf‘s Pferd setze.

Dies liegt jedenfalls (entgegen den gemogelten 15km Taxifahrt vor paar Tagen) in den „legalen“ Pilgervoraussetzungen des Caminos: Minimum 100km zu Fuss oder 200km mit Pferd, Esel oder Fahrrad. 

 

Um 9.30Uhr ist Reit-Start. Eigentlich. Viktor, der Pferdeflüsterer - Vollblut-Spanier - lässt sich eben Zeit. Dann, 10.10Uhr schwingen wir uns in den Sattel. 

Wer hätte das gedacht - wieder mal eine geniale Lösung. Ich mache mir bereits jetzt schon Gedanken über den Abstieg, der den vor 3 Tagen sogar um 150m und kürzerer Strecke, also noch steiler, übertrifft!! Hilfe, meine Beinproblem! Ein Fahrrad wäre ja das Perfekte! Mal sehen.

Jetzt gehts zum Ausritt bei frisch-frostigen Temperaturen von 8Grad (und das ohne Winterjacke)! Klirrrrr.

 

Im langsamen Gang reiten wir 600 Höhenmeter hinauf. Kurzzeitig nieselt es. Wird gut eisig mit der Zeit. Wir kommen durch „La Faba“, dort trinken die Rösser durstig am Brunnentrog. Dann geht’s immer weiter steil hinauf. Das Panorama ist toll. Es ist so frisch, dass meine Zehenspitzen schon halb erfrieren. Das Bauerndorf „La Laguna de Castilla“ ist schon auf 1264m und wir kommen kurz darauf in „O Cebreiro“ an. 

Ein nettes Dorf, besteht ausschliesslich aus Steinhäuser! Wir gehen mit Viktor in ein uriges Restaurant. Treffpunkt vieler Pilger. Während wir uns mit nem Kaffee bisschen aufwärmen, fängt es draussen doch glatt an, erst etwas stürmisch und dann in grossen Flocken zu schneien! Unglaublich! Das ganze dauert ne halbe Stunde. Dann kommen sonnige Abschnitte. Also gehen wir weiter. Viktor hat uns einen Kontakt, über den wir uns Fahrräder ausleihen können, um die 21km hinab zum Etappenziel (664m), fahren können. 

 

Wir schnappen uns die Mountainbikes und radeln los. Das Wetter ist wieder schlechter. Etwa 5 Grad wird es haben. Nebel. Keine Sicht nach unten. Windig wird’s auch noch! Nach paar km leichter Neigung, wo man wegen dem Wind selbst dann noch strampeln muss, wirds wieder etwas steigend. Ich schiebe den Drahtesel! Nochmals auf 1335m. Das ist der tatsächlich höchste Punkt des Caminos! Und hier schneit es bereits wieder wie verrückt. 

Später, wieder nur leichte Neigung, wieder ohne wirklich vorwärts zu kommen, geht der Schneefall in Graupel über. Meine krebsroten, eisigkalten Finger geben einen prima Kontrast zum grünen Gras am Wegesrand, das zu 90% mit Schnee bedeckt ist. 

Christa sehe ich schon nicht mehr. Wir werden uns unten wieder treffen. Es regnet so arg, dass ich nur noch nach unten schauen kann. Es überholen mich 2 ausgerüstete Rad-Pilger und grüssen gewohnt mit einem „Buen Camino“. Der letzte von beiden hält plötzlich an. Fast bin ich schon wieder an ihm vorbei, hat er seine Ersatzbrille herausgekramt, streckt sie mir entgegen mit einem „hasta luego“ und radelt davon. Oh, wow. Welch ein unerwartetes Geschenk! Jetzt geht die ganze üble Anstrengung um Welten besser! Immer noch sind es unendliche 12km. Jetzt beginnt der Downhill... meinen Rucksack am Rücken spüre ich schon lange nicht mehr, die Finger haben die volle  Konzentration meines Gehirns. Dazu kommt die Nässe. Ich friere nicht mal, bin einfach nur klatschnass. Das schnelle hinabfahren brauch Kraft. Ich muss doch wirklich anhalten, um zu pausieren. Ohne jeglichen Schutz weit und breit, versuche ich, meine Finger zu wärmen. Nach paar Minuten geht’s weiter. So ein scheiss - muss man wohl miterlebt haben! 

Noch zähe 8km. Und nochmal eine Pause, bevor es mich umhaut. Wieder auf den Sattel. Habe ich schon erwähnt, dass es nach einem Ritt auf dem Pferdesattel, nicht gerade angenehm ist, auf einen harten Fahrradsattel umzusteigen? Aua!

Endlich komme ich um 16.45Uhr am Ortsschild in „Tracastella“ an. Schnell in die Herberge. Christa sitze schon mit ner dicken Decke halb erfroren am Kamin. Nix wie raus aus den Klamotten und unter die heisse Dusche! 

Zu unserem Vorteil stellen wir jeweils erfreulich fest, dass es unseren Beinen und Füssen ausgesprochen gut geht! Hierzu hatte die Schonung wenigstens was gebracht. 

Das Abendessen haben wir schliesslich dann ausführlich genossen..! 

Heiland Zack, war das ein Tag!!!

 



Montag, 30.04.18: Triacastela - Sarria

 

Eiskalt ist es, als ich erwache. Das erloschene Kamin hat die gesamte Herberge unterkühlt - kein Wunder, bei diesen Temperaturen. 

Es regnet. Die gestrige Kleidung ist nicht ganz trocken geworden.

Anziehen, Kaffee & Sandwich in der Nachbar-Beiz. Aufwärmen.

Um 10.25Uhr Aufbruch! Es hat etwa 5Grad! 

Ein langer Weg ohne Zwischenstopp steht bevor. Durch nasse, steinige Waldwege, an denen das Wasser wie ein kleines Bächlein entgegenfliesst, geht es bergauf. „Sanxil“ ist eigentlich kein Ort, nur eine Handvoll einzelne Steinhäuschen. Über weitere Feldwege, entlang an eingezäunten Wiesen, in denen die Kühe grasen. Es nieselt nur noch. Durch den die Wolken auf der Höhe hat man kaum Aussicht. 

Weiter im Schritt. Langsam lockert es ein klein wenig auf. 

Nach knapp 3 Stunden die erste Anlaufstelle für einen Kaffee in „Furela“. Witzig, hier kommen alle Pilger der letzten Stunden wieder zusammen. 

 

Es sind noch 8,4km zum Etappenziel. Dort ist bereits ein Bett reserviert. Die letzten Tage wurde bemerkbar, dass in Richtung Santiago die Herbergen immer schneller besetzt sind, und in Baracken möchte ich nicht unbedingt ausweichen müssen. 

 

Also los zum Tagesziel. 

Jetzt kommt zeitweise die Sonne zum Vorschein. Nur windig ist es noch. Nach knapp 4km „Aguiada“. Ein kleines abermals nettes Steinhäuschen-Kaff mit einigen kleinen Bauernhöfen. 

Die Luft ist rein, der Kontrast zu den Wiesen mit Blick auf die Hügellandschaft wirkt klar und lebendig. 

Schön, die Füße danken für die Erholungspause, indem sie sich jetzt erst langsam zurückmelden. 

Noch 1km. 

Christa hat sich ursprünglich gedacht, sie würde die Alternativroute laufen. Doch sie hat sich entschieden, mit mir zu laufen. Dementsprechend hat sie bissl Pech mit der Unterkunft - ausgebucht. Sie nächtigt nun in einer anderen Herberge als ich.

 

Ich folge weiter den gelben Wegweisern...eine Treppe hinauf in die Gassen der Altstadt. 

Direkt auf dem Jakobsweg befindet sich meine Herberge. 

Um 16.40Uhr erreiche ich das Etappenziel: die Stadt „Sarria“. 

18 langgezogene Kilometer für den heutigen 8.Tag meines Caminos. :-)

 

Dienstag, 1.5.18: Sarria - Portomarin

 

Zur Vorbeugung meines linken, stets leicht angeschwellten Fuß, ergreife ich vor dem Aufbruch die durchaus seltene Möglichkeit (letzte in Astorga), mir andere Laufschuhe zu holen. Ich mach's kurz und sage: bitte die leichtesten, breitesten, Farbe schnuppe, Marke egal und eine Nummer größer, bitte. Angezogen. Passt. Nur zuhause würde ich mit solchen Papagei-Farben nicht herumlaufen...doch das spielt nun wirklich keine Rolle. Ich lasse sie gleich mal an. In weniger als 5min ist die Sache abgehakt und ich laufe los. Es ist 9.30Uhr. Ich treffe in diesem Ort wieder alle möglichen Pilger aus vergangener Woche. Lustig. 

Am Ortsausgang sehe ich die Christa. Wir gehen die ersten 7km gemeinsam. Es ist zuerst noch neblig. Bald kommt die Sonne hervor. Sehr schön. Der Weg führt durch den Wald mit steilem Aufgang. Es folgt ein herrlicher Abschnitt entlang von Wiesen. Es kommt nach 5km "Barbadelo". Weiter gehts. Jetzt folgt eine kontinuierliche leichte Steigerung. Das schlaucht mit der Zeit. 2,5 Stunden nach Aufbruch brauche ich ein Frühstück mitten in einem Aussiedler-Hof-Café. Christa zieht weiter.

 

Es ist 12.30Uhr. Noch 14km zum Tagesziel. Also, weiter im Schritt. 

Die Schuhe sind perfekt. Mein Fuss hat nichts zu reklamieren.

 

Der Camiño geht zunächst durch ein Waldstück, darin läuft eine schöne moosbewachsene Steinmäuerchen entlang, die draußen geradewegs am Wanderpfad weitergeht. Es ist ein Pilgerweg, wie man es sich vorstellt. Über Stock und Stein, durch Wald und Wiese, hoch und runter..! 

Wie die Dörfer heißen, durch die ich nach und nach gehe, kann ich nicht sagen. Die "eine Hand voll Steinhäuser"-Siedlungen haben kein Ortsschild. Einzig zeigt mir mein Etappenplan einige Dorfnamen...doch ich bin mehr fixiert auf die Wegweiser, die die restlichen Kilometer  bis Santiago aufzeigen. In einem Kaff, es müsste somit "Mercadoiro" sein, steht der "100km-Stein". Unglaublich, jetzt bin ich im letzten Drittel des Caminos! Ich laufe und laufe. Kein Bein, kein Fuß, keine Schulter zuckt! 

Nun komme ich wieder durch ein namenloses Bauerndorf. Ein Hund bellt, ein Hahn kräht und der Landwirt zieht mit seinen Kühen und Schafen durch die Straße.

Wie weit ist es noch? Ich schaue nach. Noch rund 4,5km. Ich ziehe durch! 

 

Kaum zu glauben: diese 14km bin ich ohne Pause durchgelaufen. Über die Brücke des Flusses "Rio Miño".  Jetzt erreiche ich (im Vergleich zu den letzten Tagen nur sehr leicht erschöpft und ohne Fuss-Schmerz) das Etappenziel "Portomarín". Ich stachsle hinauf zur Herberge, die nicht nur eine tolle Aussicht bietet, sondern wie ein Wohnhaus eingerichtet ist. Prima! 

 

Somit habe ich die heutige (bei verbesserter Tagestemperatur von 11Grad) Etappe von 23km in Rekordzeit erreicht!

 

Christa meldet sich. Sie kommt auch gleich in Portomarín an. Wir treffen uns später an der Kirche zum "Feierabendbierchen". 

 

Der Clou des Tages: 

 

Geduscht. Ich muss mal nachsehen, welche Marke meine Schuhe haben...es ist doch glatt ein SALOMON! :-))

 

 

P.S. Zur Kirche was spezielles: 

Kirche San Nicolás und San Juán, Portomarín, Galicien

 

Die Kirche San Nicolás und San Juán in Gestalt einer Wehrkirche wurde im 12 Jh. von den Cabaleiros de Santiago (Santiagoritter) erbaut. 1956 wurde das Gebäude an seinem ursprünglichen Standort abgebaut und hierher versetzt, nachdem der Bau des Belesar-Stausees begann. Der ursprüngliche Ort am Camino de Santiago lag ursprünglich viel tiefer und ist heute in den Fluten des Stausees versunken. Bei niedrigem Pegelstand sind noch einige Gebäudereste zu erkennen.

 


Mittwoch, 2.5.18: Portomarin - Palas de Rei

 

Wie beinahe jeden Morgen bin ich mir letzte, die das Haus verlässt. 

Während des obligatorischen Kaffees, plane ich die Etappe, die ich eigentlich ohne Zeitdruck auf mich nehmen kann. Allerdings merke ich bald, dass das so nicht ganz funktioniert, weil die Übernachtungsmöglichkeiten in den verschiedenen Orten entweder bereits besetzt sind, oder es teilweise gar keine gibt. Also gut, dann werde ich aufbrechen und die gesamte Etappe heute durchlaufen (müssen). Am Ziel reserviere ich mir schonmal eines der noch verfügbaren Betten. 

 

10Uhr. Gleich wandere ich los. Es ist nach dem Regen noch bedeckt, bei etwa 10Grad. 

Zuerst noch ein Gang in die Kirche, die gerade öffnet! 

 

Zwei Stunden lang geht es durch verschiedenartige Wälder, meist mit leichter Steigerung. Dann brauche ich eine kleine Pause.

 

Gestern nicht erwähnenswert (da ohne Schmerz), ist heute doch etwas stärker zu spüren: a) Schulter/Arm links schwach und kraftlos. Der Walkingstock schleift oft hinterher... b) die Linke Wade ist etwas verhärtet... c) die mittleren 3 Zehen neigen zum einschlafen, zumindest ist es das stetige Gefühl. Alles in allem jedoch soweit schmerzfrei!

Was mich jedoch langsam beginnt zu stören, ist der rechte (!!) Fussrücken, der aus welchen Gründen auch immer, sich an der Schuhzunge stört (die ist so dünn, da gibts eigentlich nichts zu stören)! Ich lockere den Schuh...!

 

Zeit, weiter zu gehen. 

Es folgt der Ort "Gonzar". Danach geht's wieder nur noch bergauf. Phhuu... Ich streife "Castromaior", indem der Weg - beidseitig von gelbem und violettem Heidekraut bewachsen - auf ein Hochplateau führt. Oben gibts ein schönes Panorama. Schade nur, dass es ziemlich diesig ist. 

Nun fängt es an zu tröpfeln. So ein Mist.

Bald erreiche ich das Dörfchen "Ventas de Narón". 

Nochmals eine kleine Rast. 

 

Noch 12km!

Ich laufe los. Keine halbe Stunde später geh ich fast in die Knie, weil der rechte Fussrücken dermassen weh macht. Es ist nicht zu fassen!! Kurzum ziehe ich mir rechts meinen Reebok-Schuh an...welch ein Wohlgefühl!! 

So laufe ich mit zwei verschiedenen Schuhen weiter. 

 

Durchmarsch in "Airexe", letzte 5min-Pause kurz vor "Lestedo". Und nun zum Endspurt...noch 5,5km bis zur Herberge.

 

Bei diesem nasskalten Wetter, ist das heute nicht so prickelnd.

 

Was kommt denn jetzt? Nächster neuer Schmerz im Anmarsch! Unterhalb des linken Schienbeines zieht es mir vom oberen Fussrücken hoch. Es geht nicht lange und ich laufe zur Entlastung auf den Zehenspitzen. Au weia. Woher kommt das denn nun? Die letzten 1,5km werde ich durch den stärker werdenden Nieselregen nicht noch völlig nass, sondern dazu noch dieses Ziehen, das rasant schmerzt. 

 

Um 17.30Uhr höre ich schon aus nächster Nähe den Glockenschlag. Wenige Minuten später erreiche ich mit verzerrtem Gesicht meine Herberge in "Palas de Rei".

Dort treffe ich auf die Italienerin aus Sarria, mit der ich das Zimmer teilte. Dieser Zufall - witzig.

 

So habe ich einen zu langen, nicht allzu sehenswerten Tag mit neuen (etwas starken) Wehwehchen beenden können. 

25km sind heute auf dem Tacho! 

 


Donnerstag, 3.5.18: Palas de Rei - Melide

 

Gott sei Dank, die Salbe, die ich über Nacht 2x aufgetragen habe, wirkt! Momentan kein Schmerz! 

Ich schaue aus dem Fenster. Die Sonne kommt hervor. Jetzt wird's auch endlich wieder schön. 

Ich schlüpfe heute intuitiv in meine Reebok rein. Links fester halt. Gut. 

 

Die heutige Etappe (29km) werde ich nun in 2 Tagesabschnitten laufen. So schone  ich vorsichtshalber meine überlasteten Treter. Nach Santiago möchte ich schliesslich nicht mit dem Bus fahren müssen, weil es mit laufen nicht mehr ginge. Somit starte ich relaxed in den Tag. 

 

Zum Frühstück in die Ortsmitte. 

Dort treffe ich wieder auf die Pilgerin aus Saarbrücken...und gleich darauf kommt zufällig Christa vorbei. 

 

Wir ziehen alle 3 unterschiedlich los. Ich mal wieder als letzte. 

 

Aus dem Ort hinaus führt der Weg heute in kurzen Waldstücke entlang dem Ortsrand. Danach durch kleine Steinhaus-Dörfchen, wie "Xiao do Camino", die durch herzige Verbindungswegchen zum nächsten Dorf verbunden sind. Hier halte ich an der  Dorfkirche. Drin fühlt man sich 100Jahre zurückversetzt. Alles noch sehr gut erhalten!

Hier überhole ich Christa. Sie lässt sich heute Zeit...

Weiter im Schritt. Ich habe irgendwie das Gefühl, heute mehr bergauf zu gehen, als hinab. 

Eine kurze Rast.

Oh, es sind ja nur noch 5,5km...ich bin schnell unterwegs heute. 

Weiter geht's nach "Casanova", dann erreiche ich über weitere Waldwege schliesslich am Ortseingang von "Milede" meine Übernachtungsstätte, die sich in einem neu eingerichteten Privathaus befindet. Sehr schön!!

 

Es tut gut, schon nach 3 Stunden und lässigen 14km, angekommen zu sein. Es sind ja auch Ferien, die ich gerade habe. So kann ich es mir heute gut gehen lassen und den Tag einfach nur geniessen.

Alles gut so für meine Füsse. Mehr Kilometer wären mit Sicherheit wieder zur Übertreibung geworden. Gut so, wie es ist. 

 

Ein 5-min Fussmarsch in die Ortsmitte gibt mir Gelegenheit, für ein ausgiebiges Mittagessen. 

Dann gehe ich wieder in die heutige Bleibe zurück und lasse den Tag zu Ende gehen...!

 


Freitag, 4.5.18 Melide - Arzúa 

 

Die Sonne scheint, strahlend blauer Himmel! Es windet sehr stark. 

 

Um 9.15Uhr habe ich meinen Kaffee intus und pilgere aus der Stadt.

Christa schreibt mir, sie ist jetzt 5Std. voraus. Dafür lässt sie es heute wohl langsamer angehen. Unser nächster Treffpunkt in Santiago um dann auf den Abschluss anzustossen...!

 

So, aber erstmal noch "an die Arbeit" ;-)

 

Ich überquere die Strasse und laufe in einen Eukalyptuswald. Ein längerer Weg führt hindurch, bis ich wieder blauen Himmel sehe. 

 

Liegt Santiago eigentlich auf dem Mond? Das bisschen, das hier bergab geht, zu dem, was es ständig hinauf geht, könnte man das echt meinen.

 

Jetzt komme ich durch kleine, dicht aneinander liegende, nette Dörfchen, "Peroxa" und "Boente".  

Über Wiesenwege komme ich wieder an der Strasse raus und bin in "Fonte Plata". Hier mache ich nach knapp 2 Stunden eine Rast. 

Es windet immer noch so arg. 

 

Und weiter... Jetzt sind es nur noch 6km bis zu meinem heutigen Ziel. 

Bis dahin laufe ich durch einen weiteren Eukalyptuswald und an landwirtschaftlich betriebenen Äckern vorbei. Der Ort "Ribadiso" ist ein gepflegtes Nest, bei dem  der Anstieg immer weiter geht. 

Dann erreiche ich den Ortseingang von "Arzúa". Fast schon ein Kulturschock. Laute Strasse, ein Häuserblock am anderen. Nix mehr mit Ruhe und Gelassenheit. Meine Herberge ist hinter dieser Fassade, mit Blick nach hinten auf die Felder. Das ist gut. 

So kann ich nun den Tag ab meiner Ankunft um 13.15Uhr und nach 14km Wanderung, schön in der Sonne geniessen, bevor es morgen in die zweitletzte Rund geht.

 

Samstag, 5.5.18: Arzúa-Pedrouzo

 

Wie die Zeit vergeht... Schon wieder Samstag. Ein toller Ausblick aus meinem Zimmer, wie die Sonne aufgeht, lässt mich ungeduldig werden, denn ich will zeitig los. Heute werden es wieder locker 5 Stunden werden, die ich vorhabe.

 

Kurzes Frühstück und los.

Ich starte um 8.30Uhr. 

Es ist noch recht frisch. 

Von Beginn an habe ich einen guten Lauf. 

Durch Wiesen und Wälder komme ich irgendwann durch den Ort "Peroxa". Im gleichen Marsch laufe ich weiter, vorbei an   Pilgerrastplätzen und Jakobsfeeling-Wege. Bald bin ich schon wieder 2 Stunden durchmarschiert, also gibt es eine Pause.

Nun habe ich die Hälfte hinter mir. Laut GPS sind es noch 10km bis zum heutigen Etappenziel.

Nach gut 20min, setzte ich mich wieder in Bewegung.

Das herrliche Wald-Wiese-Schema bleibt auf dem weiteren Weg erhalten. 

Hier sehe ich die Pilger zeitweise in ganzen Rudeln laufen. Ja...das Ziel ist nicht mehr weit..!

Dann komme ich an die Hautstrasse und überquere sie. Kurz darauf streife ich "Empalme". An der nächsten Kreuzung gibts auf jeder Strassenseite eine einladende Rastgelegenheit. Hier habe ich Lust auf ein Eis und bleibe ein Weilchen in der Sonne sitzen. 

 

Es verweile locker ne halbe Stunde. 

Noch 3,5km...

 

Der Wegweiser zeigt auf ein schmales Nebengässlein, das wieder in die Natur führt. 

Die ländliche Umgebung lasse ich hinter mir, indem es kurz hinauf geht und ich die Schnellstrasse überquere. Hier beginnt ja schon die Stadt und Etappenziel "Pedrouzo". Noch einige 100m laufe ich am Gehweg entlang in die Stadtmitte, bis ich an meiner Pension ankomme. 

Es ist erst 14Uhr und bin 19km gelaufen. 

Die Sonne brennt. Und jetzt habe ich den letzten Nachmittag, um mich auf den morgigen Endspurt einzustellen. 

 

Sonntag, 6.5.18: Pedrouzo-Santiago de Compostela 

 

Ich erwache um 6.30Uhr. Perfekt. Wenn ich jetzt Gas gebe, könnte ich es doch glatt um 12Uhr zur Pilgermesse in Santiago schaffen. 

So erweckt sich der Ehrgeiz mit diesem Gedanken von selbst. Waschen, anziehen, zusammenpacken, los. Heute mal ohne Frühstück. Die Cafeteria hat noch geschlossen und unnötig Zeit verlieren möchte ich auch nicht. Also trinke ich meinen restlichen Orangensaft und mampfe die letzte Banane. 

 

7.05Uhr laufe ich los. Google sagt, es liegen noch 19km vor mir. Wird ne knappe Sache. 

 

Diese Etappe laufe ich speziell für meine Familie!

Ich schliesse meine langjährigen und treuen Freundschaften mit ein.

 

Am Ortsende bleibe ich noch ein Stück entlang der Schnellstrasse, bis es rechts rein in die Idylle geht. 

Die Wegweiser zeigen dann schon die 18km an.

Heute ist Waldtag. Denn ich laufe von einem ins nächste Waldstück.  

Ich laufe zu und merke, dass ich mit meinen rasanten Schritten schnell ins Schwitzen komme. 

Für diese Uhrzeit sind schon recht viel Pilger unterwegs. Aber alle mit halbem Tempo. Ich überhole sie alle.

Mir fehlt ein Kaffee, aber die beiden ersten Möglichkeiten hierfür lasse ich aus. Keine Zeit.

 

Bevor ich aus dem Waldstück raus komme, auf einmal riesen Lärm. Ein Flugzeug startet. Ich bin in Höhe des Flughafens von Santiago. Es ist 8.15Uhr. Der Flugverkehr startet. Alle 5min geht ein Flieger hoch. 

 

Nun komme aus dem Wald. Das war's mit der Idylle. Jetzt beginnen die Vorstädte.

Noch 13km...

 

Ich checke meine Position. Habe gut Zeit aufgeholt. Durch den Ort "Lavacolla".

 

An einer Abzweigung treffe ich auf Valeika aus Saarbrücken. Sie läuft zum 2.mal diese Strecke, allerdings startet sie heute ab hier, um nach Santiago weiter an die Küste, nach "Finisterre" zu laufen (was einige hinterher noch machen). 

Mit ihr laufe ich die letzten Kilometer bis Santiago rein. 

 

Beim Zulaufen auf die Stadt bin ich zuerst verwundert - das soll Santiago sein?? Moderne Häuser, keine Altstadt in Sicht. Doch sie sagt, dass das noch 1-2km geht bis in den Altstadt-Kern. Also gut. Durch die Quatscherei gehts schnell und gelangen schnurstracks in die altertümliche Innenstadt. 

Und plötzlich bin ich in Santiago de Compostela! 

Sehr schön! So stellt man es sich vor! 

Durch die Gassen hindurch blickt manchmal eine der Turmspitzen der Kathedrale hindurch. Ein tolles Flair...und ein super Wetter dazu. Es ist 11.25Uhr! 

Wow!

Ich stehe schon seitlich unterhalb der Kathedrale. Hier verabschiede ich Valeika und suche meine Bleibe, die ganz in der Nähe sein muss. 

Angekommen. Mein Gepäck lagere hier ich ein, weil ich keine Zeit mehr habe, die handvoll Menschen, die ebenfalls einchecken möchten, abzuwarten. Kurze Katzenwäsche und ab zur Kathedrale. 

Die Pilgermesse beginnt in 10 Minuten. 

Bei dieser Beeilerei komme ich gar nicht zum Nachdenken. 

Noch ein Willkommensfoto vor der Kirche. Dann zum Eingang. Jetzt kommt ein kurzer emotionaler Moment...und schon laufe ich in die Kathedrale rein. Die ist schon schön voll und ergattere jedoch noch einen guten Stehplatz. 

Zum Schluss der Messe wird das Weihrauchfass geschwenkt. Das ist mal ein wahnsinns Erlebnis!! Die ganzen Leute zücken ihr Handy raus und filmen mit - inklusive mir! 

 

Die Messe ist fertig und ich treffe mich mit Christa draussen am Brunnen. 

Als wir gerade für ein Foto zum Hauptplatz "Praza de Obridorio" gehen, läuft mir Debbie entgegen. Und wie der Zufall es so möchte, laufen uns gleich drauf die Mexikanerinnen über den Weg! 

 

Ein Gruppenfoto. 

Ein kaltes Bierchen und dann hole ich mir meine Urkunde ab. Eine Stunde lang stehe ich in der Warteschlange, bis ich an der Reihe bin. Zufällig bedient mich eine deutsche, die gerade für 2 Wochen ehrenamtlich hier arbeitet. Sie händigt mir mein Zertifikat aus. 

Prima. Jetzt ist es vollbracht!

 

                           **********

 

Abschließend ein paar Gedanken der letzten beiden Wochen: 

 

Erleuchtung? Hm... nein. Zumindest nicht jetzt oder bewusst. Ich kann mir denken, dass das vielleicht auf einen späteren Zeitpunkt, oder einfach generell auf Situationen oder Zeiten in der Zukunft gerichtet ist. 

 

Viele Gedanken sind immer noch dieselben, wie vor dem Camino.

 

Einzig, als die Wegweiser die restlichen km-Angaben ab 42 (mein derzeitiges Alter) aufzeigte, erinnerte ich mich Stück für Stück (also, umso weniger die km angezeigt sind), quasi im Rückwärtsmodus an meinen jeweiliges Alter und was da alles war...das ist ne interessante Sache für mich gewesen...! Bei 34km kam mir der Gedanke, ich wäre gerne nochmal 34..! Einfach so. 

 

Jedenfalls war das eine gute Reise, eine einmalige Reise, bei der ich zu jedem km gerne zurückblicke - aber keinen diesen km mehr nochmals gehen wollen würde! ;-)

Montag, 7.5.18: Santiago de Compostela 

 

Nix mehr pilgern.

Um es nochmals zusammenzufassen: 

Ich war 2 Wochen unterwegs: 

311km zu Fuss, in 13 Etappen (davon 1 Etappe mit Pferd & Mountainbike), über Stock und Stein, durch Wiesen und Wälder, auf  Schnellstrassen und Brücken, bei Hitze und Schneesturm, inkl. Blasen, Schwellungen, Entzündungen...anstrengend aber sehr schön. Der "Camino de Santiago" ist nun erfolgreich beendet. 

 

Heute mal ziellos aufstehen und in den Tag hinein gehen - seltsame Sache. Doch ich werde es geniessen! 

Super warmes Wetter. Um 10Uhr öffnen die Geschäfte. Kurz zu vor bin ich schon in den Gassen unterwegs. Im Café um die Ecke treffe ich weitere Pilger-Bekannte, die ich immer mal auf dem Camino getroffen habe. Ein kurzes Schwätzchen, einen Frühstücks-Kaffee und ich schlendere weiter... 

Am Stadtrand geht es eine kleine Anhöhe hinauf. Von dort aus hat man spitzen Sicht über die Dächer auf die Kathedrale.

Den Rest des Tages spaziere ich ohne Zeitgefühl durch die altertümliche Altstadt mit so vielen verwinkelten Gässchen und vielen Geschäften und Restaurants. 

Hier fühle ich mich wohl und verbring den Tag ausgiebig gemütlich und zeitlos mit spazieren gehen, Sightseeing, essen gehen, Bierchen trinken, Sonne geniessen..!

 

Abends gibts noch ein Abschluss-Drink mit Chrsta. Morgen gehts für sie nach Barcelona...und für mich nach Portugal..!


PORTUGAL 
Dienstag, 8.5.18

Es folgt nun die Mietwagen-Erkundungs-Rundreise von "Braga" bis "Lissabon".

Heute fährt mich der Fernbus von Santiago nach Braga. Im Bus redet die Hälfte der Fahrgäste deutsch! Die meisten fahren direkt nach Porto. Doch ich nehme mir den Mietwagen schon ab "Braga". 
Von der Haltestelle bis zur Mietwagen-Filiale laufe ich 1,2km (bin ja jetzt geübt). Auf dem Weg dorthin habe ich schon gleich eine gute Sightseeingtour!
Kaum die 4 Räder unter meinem Hintern, fahre ich ins 20km entfernte "Guimaraes". Ein herziges Städtchen mit herrlicher Mischung aus altertümlichen und elsässischen Flair (eben nur auf Portugiesisch).  Auch hier wird ausser portugiesisch, auch unheimlich viel deutsch gesprochen. Touris ohne Ende! 
Jedenfalls ein sehenswertes Städtchen!!!
Ich gehe Mittagessen und später dann zurück nach "Braga", um mich einzuchecken. 
Auf dem Weg dorthin, fahre ich noch zum "Bom Jesus so Monte". Eine tolle Kirche, die hoch über der Staft liegt. Von oben ne super Aussicht!

Der Abend lasse ich gemütlich in der Stadt bei lauwarmen Wetter ausklingen...!

Braga

Guimarães 


Mittwoch, 9.5.18

Ich lasse es gemütlich angehen.
Nach einem Kaffee & Croissant schlendere ich nochmals gemütlich durch die Fussgängerzone, bevor ich Fahrt nach "Porto" aufnehme.
Es ist windig heute, überwiegend bewölkt und etwa knapp 10Grad frischer als gestern. 

Auf den Autobahnen gibt es hier auch Mautstellen. So nehme ich zur Abwechslung mal die "N13" durch die Ortschaften bis nach Porto - und dort in den Städtchen sieht aus wie in jedem Urlaubsort am Meer.

Am frühen Nachmittag erreiche ich Porto. 
Es hat gerade mal 17 Grad. 
Ich checke in meiner Unterkunft ein und ziehe los. 

Ich muss schon sagen, dieses Porto ist - ausser einem schönen Shoppingparadies für jedermann - ein sehr sehenswertes Besichtigungsziel. Bunte, unterschiedlich gestylte Häuser und Kirchen, eine tolle Fussgängerzone und das Zonenhighlight "Ribeira" mit ihrer Stahl-Brücke (die vom Schüler des Herrn Eiffel konstruiert wurde), wo man eine spitzen Aussicht auf die Stadt hat.
Ganz schön was los hier für diese Jahreszeit. Touristen (inzwischen nicht nur deutsche, sondern auch paar französisch sprechende dabei).
Ich laufe auf der oberen Seite rüber und auf der unteren Seite zurück an die Promenade, wo ich mich hier besetze und etwas zu essen bestelle. 
Hier lasse ich den Nachmittag zum Abend werden, während ich auf der Terrasse mit Wärmestrahler gemütlich da sitze und das Geschehen zeitlos beobachte...!

Donnerstag, 10.5.18

Ich schaue happy aus dem Fenster - die Sonne scheint und der Wind hat nachgelassen!

Duschen, frühstücken. Den Stadtplan in der Hand, plane ich eine Spazier-Tour mit den restlichen sehenswerten Punkten. Diese gebe ich im Google Maps ein und folge der Ansage auf dem Handy. Es geht zügig voran. 
Quer durch die Gassen zu schönen Parks und Aussichtspunkten, dem kunstvoll gestalteten Bahnhof, und inklusive einem Halt in der legendären Bücherei, die durch "Harry Potter" bekannt ist (habe die Filmserie jedoch nie gesehen) - aber sehr imposant! 
Porto ist wirklich eine Stadt, in der man gut verweilen kann!

Bald muss ich losfahren. Für morgen die Wettervorhersage wieder bewölkte Aussichten, von daher schaue ich, dass ich den nächsten Stopp, "Aveiro " noch vor dem Abend erreiche. 

Eine Stunde Fahrt und ich bin da. 
Hier sieht es aus wie im italienischen "Cesenatico". 
Eine tolle Ansicht bei der Anfahrt auf den Kanal mit den schönen Booten. Meine Bleibe ist grad mal 50m vom Highlight entfernt. Herzig alte, pastellfarbige Häuser zieren den Ortskern und macht daraus ein besonders Flair. 
Hier nutze ich die Spätnachmittags-Sonne mit einem Spaziergang und lasse den rasch vergangenen Tag ausklingen.

Porto

Aveiro


Freitag, 11.5.18

 
Heute ist es, wie vorhergesagt, bewölkt. Dann mal ab in Richtung Süden. 
Ich fahre etwa 45min und komme in "Coimbra", der ehemaligen Hauptstadt des Landes, an. Langsam aber sicher ziehen die Wolken weiter in es wird wärmer. 
Zuerst fahre ich das Kloster "Santa Clara" an. Ist eine Wucht! Reingehen werde ich jedoch nicht, es fehlt mir schlichtweg die Zeit (ich muss ja noch weiter heute). Von dem Platz aus hat man eine tolle Sicht auf die andere Seite der Stadt. Drüben hat es eine bedeutsame und gleichzeitig eine der ältesten Universitäten, die es gibt. Also kurve ich rüber. 
Einbahnstrassen ohne Ende und Blech auf 4 Rädern - mehr, als hier Menschen gibt. Unglaublich. Der Hügel auf dieser Seite ist schon etwas pompöser. Irgendwo quetsche ich das Auto dazwischen und lasse es mal für 20min seinem Schicksal x damit ich den Campus knipsen gehen kann. Auch das hat echte Wirkung, dieses Gelände und die dazugehörigen Gebäude der Fakultäten! 
 
Weiter fahre ich dann zum Abstecher ins 14km entfernte "Conimbriga". Dort stehen, in einer wunderschönen Natur mit etlichen Olivenbäumen, Ruinen der Stadt, wie sie einst durch die Römer erschaffen und gebaut war. Das hat schon was..!
 
Genug aufgehalten. Jetzt muss ich langsam zu meinem "Tagesziel". Nun fahre ich nochmals ca. 1Stunde südlich, bis ich in "Óbidos" ankomme. 
 
Was für ein wunderbares Städtchen. In toller Landschaft umgeben, liegt auf dem Hügel die historische Altstadt, aus komplett weissen Häusern, umrandet von der komplett erhaltenen, begehbaren Stadtmauer. Die nehme ich mir vor.
Etwa eine halbe Stunde brauche ich, bis ich auf der anderen Seite wieder die Treppen runter komme und durch die bunt geschmückten Gassen nach vorne laufe. Wirklich nett hier. 
So nehme ich hier in dem schönen Ambiente mein Abendessen zu mir...!

Coimbra/Conimbriga 

Óbidos 

Samstag, 12.5.18

Heute fahre ich nach "Sintra". Es ist noch etwas windig, aber die Sonne wärmt, sodass sich die frische Luft nicht allzu kalt anfühlt. 
Die Landschaft ist vermehrt mit Obstbäumen und Reben versehen. Zum blauen Himmel wirkt das saftige Grün sehr kontrastreich!
"Sintra" wirkt wie ein schmuckes, verspielter Ort. Bekannt ist es durch die Burgen, Palastgebäuden und Parks, die es hier ringsherum hat. Alles ist hier (vor allem die Häuserverzierungen) bis ins Detail genau schön hergerichtet. 
Auf eines habe ich mein Auge gerichtet: den Brunnen ohne Wasser im Anwesen "Quinta da Regaleira", indem es weitere Schlösschen, Teiche und Grotten hat. Ganz schön tief, das Ding. Ich knipse davon unzählige Positionen.
Dann spaziere ich weiter durch die grosszügige Parkanlage. 
Ausser der portugiesischen Sprache, höre ich immer mehr Franzosen als Deutsche..!
Meine Parkuhr läuft ab und somit mache ich mich schon in Richtung Küste, wo sich mein Hotel befindet. 
Einchecken und weiter zum Meer, das sich etwa 500m entfernt befindet. Hier kann ich es aushalten..! 
Nebenbei höre ich meinem Sportclub fieberhaft im Radio zu. Sie gewinnen und ich bin happy!!
Jetzt kann ich gemütlich zu meinem Abendessen gehen. Ich wähle natürlich ein Restaurant direkt am Strand und werde hier den Sonnenuntergang geniessen ...!

Sonntag, 13.5.18

 

Frühstück. 

Aufbruch. Und zwar gehts jetzt nochmals nach "Sintra". Diesmal hoch auf den Berg. Dort oben ist der "Palácio da Pena", den man von der Stadt aus schon gut sehen kann. Über 5km Serpentinen. Ich brauche eine halbe Stunde dafür! 

Ein Abenteuerland für Erwachsene! Eine bunt bemalte Burg mit lauter kleinen Türmchen, die begehbar sind. Die gut erhaltenen Räume stehen zur Besichtigung. Es gibt ein Café-Restaurant und einen grandiosen Ausblick!

 

Allzu lange ist jedoch keine Zeit. Denn Lissabon wartet..!

Zuerst einmal fahre ich um die Stadt durch, um auf der anderen Seite zum einem empfohlenen Aussichtspunkt zu fahren. 

Während ich zufahre, kommt mir aus dem allerletzten Winkel meines Hinterkopfes die Erinnerung, die mich beim ersten Anblick auf die Brücke, auf die ich gleich kommen werde, jedoch völlig verblüfft: ich fahre quasi auf eine "Golden Gate" mit Blick auf die Christus Statue. 

Nein, ich bin weder in San Francisco, noch in Rio. Es ist Lissabon!!

Das super Wetter macht alles noch genialer. Nur windet es natürlich wieder wie ab! Doch das gehört wohl zur Atlantikküste. 

Als nächstes kurve ich quer durch die Gassen in Richtung Stadt zurück und komme am gegenüber liegenden Hügel an, am "Parque Eduardo VII". 

 

So, langsam zum Einchecken mitten in der City. Es ist eine typische Grossstadt...ich fahre 100 mal um's Karree, bis ich ein Plätzchen für das Auto finde. 

 

Erst noch das Handy laden, dann laufe ich los...mitten rein. Hier gelange ich in die Fussgängerzone, die ich bis vor ans Ufer laufe. Ich komme durch den Torbogen und stehe am "Praça do Comércio". Aha, da hat sich gestern also das Open-Air-Liveübertragungs-Spetakel des ESC abgespielt. Ein riesiger Platz, umrandet von prachtvollen langen Gebäuden, vor denen sich ein Restaurant am anderen befindet. Dort gehe ich etwas essen und entscheide mich, dass ich den morgigen letzten Tag nicht mehr laufen werde, sondern mit dem klassischen "Hopp on off" Bus die Stadt anschauen werde. 

 

Also besorge ich mir noch ein Ticket und trinke noch einen Schlummertrunk im "Hardrock Café"...!

 

Montag, 14.5.18

 

Mein letzter Urlaubstag.

 

Heute werde ich der klassische Tourist sein und mich in den Doppeldecker setzen und mich fahren lassen. 

Wie sich schon bald herausstellt, bin ich schon froh, diese Strecken nicht abzulaufen, denn irgendwie haut mich hier  nichts mehr wirklich vom Hocker.

Die gestrigen Highlights lassen sich heute bei dieser großräumigen Tour nicht mehr toppen. Hier gibts nicht mehr, als in anderen Groß-Städten auch. 

Im beliebten Viertel "Belém" steige ich aus und gehe an dem Kloster "Mosteiro dos Jerónimos" entlang bis zu den Restaurants und esse zu Mittag. Hier lasse ich die Zeit in die Länge ziehen, denn ich möchte nicht mehr hetzen heute. 

Etwas mehr als 1,5 Stunden vergehen und ich warte auf den nächsten Bus, um die Runde zu Ende zu fahren. 

 

Mein Ticket gilt auch für die historische Tram, die das Markenzeichen dieser Stadt ist. Also setze ich mich nach der Bustour in das gelbe "Cable Car". Das ist eine witzige Fahrt. Quietschend und knarrend fährt das kleine Ding durch die engsten Gassen hindurch. Es geht aufwärts. Und dann steige ich im Stadtteil "Graça" aus. Ein paar Schritte weiter hat man hier ebenso wieder einen Platz mit schöner Aussicht auf die Stadt. 

 

Nun geht es wieder runter zum Hauptplatz der Innenstadt, dem "Praca de Figueira". 

Dort steige ich wieder aus und schlendere ein letztes mal durch die Fussgängerzone zum Ufer vor, um mich am "Praça de Comércio" zu einem Bierchen an der Sonne, bei einem der Terrassen-Restaurants. Hier bin ich nun und bleibe noch ein wenig, bevor ich meine Sachen zusammenpacken werde, um morgen früh ohne Stress direkt zum Flughafen zu fahren...!